120 Jahre Škoda motorsport

79oktan zu Gast in Mladà Boleslav
Text und Fotos: Dr. Rolf Mahlke
Der Anruf kam an einem Donnerstag kurz vor 12 Uhr. „Sie haben zwei Minuten Bedenkzeit!“ Lange hatten wir den Kontakt zu Škoda erhofft und nun bietet man uns an, Gast einer einmaligen Veranstaltung sein zu können. Dazu muß der 79oktan-Redakteur nur jetzt sofort zusagen, schon am kommenden Dienstag um 09.00 Uhr in Mladà Boleslav vor dem Škoda-Museum zu stehen. Binnen einer Minute laufen an mir im geistigen Zeitraffer Bilder und Berichte über den 130 RS bei der „Monte“ oder den „1000 Seen“ aus der „Tschechoslowakischen Motorrevue“ vorbei. Also sage ich sofort zu, plane mein Terminbuch komplett um und fahre wenige Tage später im Morgengrauen auf der Autobahn in Richtung Prag. Wer schon mal am frühen Morgen nach Prag gefahren ist, wird den stadtwärtigen Morgenstau kennen. Und gen Mladà Boleslav geht es per Autobahn eben nur kurz vor Prag links ab. Irgendwann winde ich mich aus dem dreispurigen Stau heraus und bin tatsächlich – nicht ohne das riesige Werksgelände mit großem Respekt tangiert zu haben – 10 Minuten vor 9.00 Uhr am Werksmuseum.
Der Anruf kam an einem Donnerstag kurz vor 12 Uhr. „Sie haben zwei Minuten Bedenkzeit!“ Lange hatten wir den Kontakt zu Škoda erhofft und nun bietet man uns an, Gast einer einmaligen Veranstaltung sein zu können. Dazu muß der 79oktan-Redakteur nur jetzt sofort zusagen, schon am kommenden Dienstag um 09.00 Uhr in Mladà Boleslav vor dem Škoda-Museum zu stehen. Binnen einer Minute laufen an mir im geistigen Zeitraffer Bilder und Berichte über den 130 RS bei der „Monte“ oder den „1000 Seen“ aus der „Tschechoslowakischen Motorrevue“ vorbei. Also sage ich sofort zu, plane mein Terminbuch komplett um und fahre wenige Tage später im Morgengrauen auf der Autobahn in Richtung Prag. Wer schon mal am frühen Morgen nach Prag gefahren ist, wird den stadtwärtigen Morgenstau kennen. Und gen Mladà Boleslav geht es per Autobahn eben nur kurz vor Prag links ab. Irgendwann winde ich mich aus dem dreispurigen Stau heraus und bin tatsächlich – nicht ohne das riesige Werksgelände mit großem Respekt tangiert zu haben – 10 Minuten vor 9.00 Uhr am Werksmuseum.
Hier herrscht wiederum Perfektion. Das Museum steht im besten Zustand und mit allen baulichen Details für sympathisches Selbstbewußtsein. Reservierte Parkplätze für die geladenen Journalisten aus ganz Europa und eine wunschsprachige Begrüßung strahlen mit der September-Sonne um die Wette. Doch erst einmal gilt es, die gerade eröffnete Sonderausstellung „120 Jahre Škoda Motor-sport“ kennenzulernen. Der Spannungsbogen vom Laurin-und-Klement-Motorrad des Jahres 1901 über die erste Teilnahme an der Rallye Monte-Carlo mit einem Škoda Rapid, dem unschlagbaren 1101 OHC der fünfziger Jahre und natürlich den legendären Hecktrieblern 1000 MB, 130 RS und 130 LR aus den siebziger und achtziger Jahren wird durch zahlreiche Exponate bestens dargestellt. Und abgerundet mit den jüngeren Entwicklungen mit Front- und Allradantrieb – dem Favorit 136 L mit seinem sagenhaften „Viel Kraft-wenig-Gewicht-Konzept“ und den bulligen Dauersiegern Škoda Fabia Super 2000 sowie Fabia R5. On Top der aktuelle Škoda Fabia Rally2 evo.
Denkt man einmal in diesem Moment nicht an Motorsport, so wird man beim weiteren Rundgang dennoch immer wieder neben den Prototypen und Serienexemplaren von Sportlichkeiten wie dem keilförmigen Zweisitzer „Ferat“ oder dem sportlichen Felicia-Cabrio begeistert.



Damit hätte der Tag ein guter gewesen sein können. Indes gibt es jetzt die Ansage der Organisatoren, daß nun der dynamische Teil des Besuches starten würde. Man müsse eine kleine Kolonne bilden und aus der Stadt heraus zu einem perfekt versteckten Rallye-Übungskurs fahren. So geheim, daß es kein Navi finden würde. Immerhin steht am Eingangstor des Vorwende-Geländes ein passendes Schild mit dem Aufdruck „Crashlabor“. Was sich dann als Wirklichkeit herausstellt. Ich würde den Platz nie wieder finden, werde aber immer wieder daran zurückdenken (müssen). Denn was jetzt passiert, ist dem Redakteur unvergeßlich. Auf dem zentralen Platz des Areals erwarten uns mehrere Rallye-Teams „mit Allem und ganz Scharf“. 1101 OHC, Octavia Touring Sport, 130 RS, RS 2000, 130 LR und Favorit 136 L als historische Helden und zwei aktuelle Rallye-Fabia, die sich sehr ähnlich sehen. Was sich jedoch als Kolossalirrtum erweisen wird. Aber dazu später. Denn bei der Begrüßung freuen wir uns erst einmal, endlich Bekanntschaft mit dem Rallye-As Matthias Kahle machen zu können. Und ist da nicht auch Fabia-Spezialist Raimund Baumschlager?
Dies zu klären muß auf später verschoben werden, denn nun teilt man uns Rennhelme zu und schon darf ich für die ersten Runden in einem 1101 OHC Platz nehmen. Was man hier noch wörtlich nehmen darf, denn man kommt relativ einfach auf den Beifahrersitz und sucht vergebens nach Gurt oder Haltegriffen. Also erfolgt die Körperbefestigung wie früher. Alle Hände und Füße pressen sich an Fußraumschrägen und Armaturenbrett als 92 PS über runde 630 Kg Masse herfallen. Zugegeben, ohne Beifahrer wären es irgendwie 550 Kg, die das 1100 ccm-Aggregat bei bis zu 8500 U/min auf fast 200km/h beschleunigen würde – mit Flugzeugbenzin. Als Beifahrer wirke ich ähnlich 79oktan. Vor der ersten Kurve erreichen wir dennoch 140 und auf der Geraden tatsächliche 170. Kurven und Bremsen sind mir später nicht mehr erinnerlich, weil ich mit dem Festhalten enorm beschäftigt bin.




Den 130 RS zu entern ist für sehr sportliche Menschen machbar, ohne albern auszusehen. Ich bin weder sportlich, noch sehr und komme dank Integralhelm ohne Kopfnüsse am Rohrgerüst vorbei. Ich merke, daß das Anfahren mit viel Gas gemacht werden muß. Der Pilot fordert immer wieder deutlich über 5000 U/min ab, um die Fuhre mit den vier Gängen bei ohrenbetäubendem Lärm voran zu peitschen. Irgendwo las ich mal, daß dieser Motor im Klang irgendwie aus einer Kreuzung von V8 und Kaffeemixer entstanden sein muß. Jawoll! Mit runterschalten und zweimal etwas pendeln kann man in Kurven auch auf Asphalt das Heck schwänzeln lassen. Und bei spätsommerlicher Hitze braucht es nur zwei Runden für ordentlich Temperatur in der Hütte. Wie man es mit diesem Gerät schaffen soll, einen Rallye-Tag voll konzentriert zu bestehen, beantwortet der Pilot nachdem mir der fest angezogene Dreipunktgurt abgenommen wurde mit zwei Worten. Dauerläufe, Mucki-Bude.
Nach kleiner Pause geht ein Traum in Erfüllung. Ich sitze im Gruppe B Original-130 LR von John Haugland! Wobei 130 für den Hubraum des 1300 ccm-Leichtmetall-Motors stehen könnte, wie auch für die 130 PS Spitzenleistung, die es hier mit nur 730 Kg zu tun haben und von vier (vorn sogar innenbelüfteten) extra großen Scheibenbremsen wieder eingefangen werden. Das modifizierte Fahrwerk läßt Drifts zu, verführt aber nicht dazu. Das Auto liegt verbindlicher und umrundet Kurven mit großer Spurstabilität effektiver als sein Vorgänger. Was wiederum erklärt, warum Škoda mit diesem KFZ äußerst erfolgreich war und beispielsweise bei der RAC-Rallye in Großbritannien 1985 und 1986 Klassensieger wurde.


1987 hatte Škoda ein kleines Wunder geschafft. Der Favorit steuerte mit Frontantrieb und moderner Karosserie Škoda in die neue Zeit. Bertone half bei dem Kleid und Porsche u.a. bei Achsabstimmungen und vielen weiteren Details. Ich zwänge mich hier schon mehr am kompletteren Käfig auf einen nahezu ungepolsterten Sitz. Dreipunktgurt festgezogen und schon knallt der Pilot durch ein gerade verzahntes Sechsgang-Getriebe – ob da gekuppelt wird, muß hier und da bezweifelt werden. Gute 120 PS liegen an und haben mit dem garantiert vom Serienstand von 840 kg abgespeckten Kfz leichtes Spiel. Bei brettharter Straßenlage werden Kurven halbwinklig genommen. Kein Wunder war es dann, daß Stig Blomqist mit diesem Sportgerät den dritten Platz der Gesamtwertung der RAC 1996 errang.
Schlußendlich winden wir uns in neuzeitliche Gefährte ein. Zuerst darf ich mich in einem der seit 2015 alljährlich und allerorten erfolgreichen Fabia R5 angurten lassen. Dieser Allradler erfordert vom Beifahrer dennoch das, was ich am Morgen im 1101 tat – mit aller Kraft mal festhalten und mal gegendrücken. Die Nackenmuskeln sollte man unbedingt trainieren, denn es geht von 0 auf 100 in zwei Sekunden. Das sequentielle Fünfganggetriebe bringt die 212 kW des 1600er Turbos per Allrad auf die Straße oder den Weg. Untergrund ist egal. Kurven? Immer wenn ich denke, der Bremspunkt ist schon 50 Meter zurück ist der Fahrer noch bei Vollgas. In der Kurve erfolgt in zwei Sekunden mit Bremsen von einem anderen Stern der Abbau jeglicher Geschwindigkeit brutal – Lenkrad komplett herum und schon geht es vom zweiten wieder in den Sechsten zum Ziel. Oder auf einem Kreisel zuvor noch im Drift sieben Mal herum. Wenn man dem Piloten Begeisterung zeigt.

Bringt der Verbrenner 425 Nm, so erlebe ich bei den letzten Runden des Tages in einem Fabia RE-X1 von dem österreichischen Kreisel-Team und besagtem Raimund Baumschlager am Volant des E-All-radlers, was 700 Nm und das Einganggetriebe mit einem Skeptiker der E-Mobilität anstellen können. Es gäbe noch Entwicklungspotential wird mir erklärt, nachdem ich G-Kraft-geschüttelt aus dem Fabia herauskrabbele.
Für die Fahrt zurück nach Norden wähle ich die Autobahnen ab. Ich würde sonst bei Prag wieder im Stau stehen, der sich allabendlich – diesmal stadtauswärts – in drei Spuren abspielt. Es geht durch Böhmen auf Nebenstrecken, die manchmal größere Schlaglöcher haben als unsere ebenfalls holprigen Kreisstraßen. Dafür ist das Benzin deutlich günstiger.
Motorsportgeschichte erlebbar machen – Škoda hat gezeigt, daß das geht. Falls ich etwas vergessen habe zu erzählen, bin ich der geneigten Leserschaft bereit mehr zu erzählen. Wir treffen uns ja an unserem Buchanka immer wieder!
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