Die Milchrunde
Heimatkunde mit dem Oldtimerstammtisch Großpösna
Zum Gedenken an Woller (Wolfgang Voigtland, 1938-2020)
Bewohner in Großpösna und den umliegenden Dörfer südöstlich Leipzigs werden sich schon so manches Mal gefragt haben, was das für eigenartige Windgesichter sind, die altertümlich gekleidet und mit uralten Motorrädern mehrmals im Jahr am Sonntagvormittag durch das Dorf knattern. An unscheinbaren Orten machen die Fahrer plötzlich Halt. Dann zeigt einer der Fahrer mit dem Finger auf ein Wohnhaus und redet etwas von Milch. Danach geht’s auch schnell weiter mit den Knatterkisten. Was bleibt, ist eine blaue Wolke und mit ihr ein Geruch, welcher jeden, der das 50. Lebensjahr bereits überschritten hat, an längst vergangene Zeiten erinnert. Ja, diese Windgesichter sind die Mitglieder des Oldtimerstammtischs Großpösna und ihre Freunde. Sie fahren ihre MILCHRUNDE, eine Rundfahrt von 65 km Länge. Gefahren wird die Route so, wie der Fuhrbertrieb Wolfgang Voigtland in den sechziger und siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts die Milch mit dem Lastkraftwagen ausgefahren hat.
Bewohner in Großpösna und den umliegenden Dörfer südöstlich Leipzigs werden sich schon so manches Mal gefragt haben, was das für eigenartige Windgesichter sind, die altertümlich gekleidet und mit uralten Motorrädern mehrmals im Jahr am Sonntagvormittag durch das Dorf knattern. An unscheinbaren Orten machen die Fahrer plötzlich Halt. Dann zeigt einer der Fahrer mit dem Finger auf ein Wohnhaus und redet etwas von Milch. Danach geht’s auch schnell weiter mit den Knatterkisten. Was bleibt, ist eine blaue Wolke und mit ihr ein Geruch, welcher jeden, der das 50. Lebensjahr bereits überschritten hat, an längst vergangene Zeiten erinnert. Ja, diese Windgesichter sind die Mitglieder des Oldtimerstammtischs Großpösna und ihre Freunde. Sie fahren ihre MILCHRUNDE, eine Rundfahrt von 65 km Länge. Gefahren wird die Route so, wie der Fuhrbertrieb Wolfgang Voigtland in den sechziger und siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts die Milch mit dem Lastkraftwagen ausgefahren hat.

Bei Wind und Wetter, mehr als 2.000 mal, hatte Wolfgang „Woller“ Voigtland in seinem Leben mit Beifahrer Herrmann und manchmal auch mit Conne, der mit bürgerlichen Namen Karl-Heinz Durm heißt, diese Strecke abgefahren. Täglich früh am Morgen noch vor 3:00 Uhr startete die Fahrt in Großpösna mit dem Lastkraftwagen zunächst zum 16 km entfernten Leipziger Milchhof. Dort wurden Milchkannen und Kästen mit Milchflaschen aufgeladen. Dann ging die Fuhre zurück nach Großpösna und es begann das Ausfahren der Milchkannen und Milchflaschen zu den privaten Läden und Konsumgeschäften. Aber auch Schulen, Kindergärten, Kinderheime und Betriebe im Umland erhielten ihre Tageslieferung an Milch. Damals hieß das im DDR-Deutsch: „ Sicherstellung der Versorgung gesellschaftlicher Bedarfsträger mit Grundnahrungsmitteln“.
Die Dorfstraßen waren durchaus noch nicht so schön beschaffen wie heutzutage, sondern sie waren größtenteils Schotterpisten oder bestenfalls mit Kopfsteinen aus Granit gepflastert. Es waren oft sogenannte Katzenbuckel, über die der LKW donnerte. Die noch schlafenden Bewohner wurden so regelmäßig vom Geschepper der Kannen und Milchkästen auf dem LKW im Schlaf gestört, konnten sich dann aber nochmal in der Bettmulde umdrehen, während Woller mit seinem 15 Jahre alten LKW zur nächsten Station weiterfuhr. Beim nächsten Halt wurde erneut abgeladen und das Leergut gleich wieder mitgenommen. Dann, nach 65 km Fahrt ging es am frühen Vormittag zurück zum Milchhof nach Leipzig. Das Leergut wurde abgeliefert, der LKW geleert, denn nun begann der eigentliche Arbeitstag. Asche fahren aus den Höfen der Leipziger Häuser war angesagt, oder Lohnfuhren für die Volkswirtschaft bis zum späten Nachmittag. Abends wurde der alte LKW dann nochmal für die eine oder andere Fuhre im Dorf angeworfen und der Arbeitstag war selten vor 20 Uhr vorbei. Oft wurde auch der LKW bis in die Nacht repariert, denn am nächsten Morgen mußte er wieder startklar für den Arbeitstag sein. Es gab ja nur diesen einen, ein ZIS-150 Bj. 1953.
Die Dorfstraßen waren durchaus noch nicht so schön beschaffen wie heutzutage, sondern sie waren größtenteils Schotterpisten oder bestenfalls mit Kopfsteinen aus Granit gepflastert. Es waren oft sogenannte Katzenbuckel, über die der LKW donnerte. Die noch schlafenden Bewohner wurden so regelmäßig vom Geschepper der Kannen und Milchkästen auf dem LKW im Schlaf gestört, konnten sich dann aber nochmal in der Bettmulde umdrehen, während Woller mit seinem 15 Jahre alten LKW zur nächsten Station weiterfuhr. Beim nächsten Halt wurde erneut abgeladen und das Leergut gleich wieder mitgenommen. Dann, nach 65 km Fahrt ging es am frühen Vormittag zurück zum Milchhof nach Leipzig. Das Leergut wurde abgeliefert, der LKW geleert, denn nun begann der eigentliche Arbeitstag. Asche fahren aus den Höfen der Leipziger Häuser war angesagt, oder Lohnfuhren für die Volkswirtschaft bis zum späten Nachmittag. Abends wurde der alte LKW dann nochmal für die eine oder andere Fuhre im Dorf angeworfen und der Arbeitstag war selten vor 20 Uhr vorbei. Oft wurde auch der LKW bis in die Nacht repariert, denn am nächsten Morgen mußte er wieder startklar für den Arbeitstag sein. Es gab ja nur diesen einen, ein ZIS-150 Bj. 1953.

Genau dieser Arbeit unserer Väter und Großväter gedenken wir, wenn wir die Strecke mit unseren liebevoll gepflegten, mehr als 50 Jahre alten Maschinen abfahren. Wir starten mit Motorrädern der alten Marken wie DKW, MZ, Simson, Jawa, am Haltepunkt der Deutschen Bahn, dem Wendehammer in der Magdeborner Straße in Großpösna. Das älteste Motorrad ist eine 250 ccm Standard Gutbrod Feuergeist Bj. 1938 unseres Mitglieds Ralf Guhlemann. Auch ältere PKW wie Trabant 600 und 601, Wartburg 311, Framo, Barkas, EMW und andere sind regelmäßig vertreten. Natürlich haben alle Fahrzeuge eine gültige Straßenzulassung. Gefahren wird meist viermal im Jahr, immer sonntags, im Frühling, im Sommer, im Herbst und im Winter. Wenn wir dann die alte Milchrunde abfahren, verweilen wir kurz an den Punkten der Strecke, an welchen sich längst kein privater Lebensmittelladen und keine Konsumverkaufsstelle mehr befindet. Wir halten regelmäßig zur Raucherpause an jener Stelle an, wo Woller und sein Beifahrer Anfang der siebziger Jahre an einem Wintermorgen zwei kleine Ferkelchen im Straßengraben eingefangen hatten. Die waren wohl bei einem Bauern aus dem Stall oder aus dem Versuchsgut des Serumwerkes in Oeltzschau ausgebüxt. Wir fahren am Ortseingang Hainichen langsam vorbei an einer unscheinbaren Gedenkstelle in Form einer quadratischen Heckeneinfassung. Sie erinnert an die Jungs einer gesamten Schulklasse, die im Frühjahr 1945 in einer Flakstellung durch einen Treffer sinnloserweise ihr Leben gelassen haben.

Wir erfreuen uns an neuen, glatten asphaltierten Straßen und den Menschen, die uns aus ihren Vorgärten zuwinken. Wir gedenken bei unserer Ausfahrt auch derer, die unsere Maschinen einst konstruiert und gebaut haben. Wir helfen uns untereinander, wenn einer von uns ein technisches Problem hat. Liegengeblieben ist noch niemand, denn Thielchen, der mit bürgerlichem Namen Ingo Thielbein heißt, fährt stets als letzter und ist der Heimbringer in der Not. Endet dann gegen Mittag unsere Fahrt, so warten bereits Max und Wetzi mit Kaltgetränken, vorbereiteten Rostbratwürsten und Steaks für jeden Teilnehmer auf dem Firmenhof von Ingo Voigtland, der das Fuhrgeschäft, man sagt heutzutage Spedition, im Ort von seinem Vater übernommen hat und nun weiterführt. Übrigens, unser Heini, der mit seinem Sperber oder der MZ TS 150 stets dabei ist, bürgerlicher Name Heinrich Günsche, ist mit seinen stolzen 85 Jahren der älteste Teilnehmer der Runde und ohne ihn, das wissen wir alle, hätte der Stammtisch Ende der neunziger Jahre so nicht überlebt.
Am 10. Oktober 2021 beteiligten sich bei wunderschönem Herbstwetter 73 Motorräder und Mopeds sowie mehr als 40 PKW bei der historischen Milchrunde des Oldtimerstammtisch Großpösna.
Am 10. Oktober 2021 beteiligten sich bei wunderschönem Herbstwetter 73 Motorräder und Mopeds sowie mehr als 40 PKW bei der historischen Milchrunde des Oldtimerstammtisch Großpösna.

Die Idee, die Milchrunde mit historischen Fahrzeugen abzufahren, ist mir 2017 gekommen, als Woller, der seit 2020 leider nicht mehr unter uns weilt, mir mal erzählte, daß er an einem schönen Sommertage zu seiner Renate gesagt hat: „Weißte was, heute fahren wir mal mit meinem neuen schmucken VW-Bus meine alte Milchrunde ab. Mal sehen, ob ich die Orte alle noch so zusammen bekomme, die ich vor 50 Jahren mit Herrmann viele Jahre Tag für Tag angefahren habe.“ Ich bat ihn darum, mir die Orte aufzuschreiben und etwas über seine Milchrunde zu erzählen. Was er auch tat.
Und dann sagte er zu mir: „Weißte, wenn es vorbei ist, dann ist es vorbei, aber ich freue mich über Eure Milchrunde mit den schönen alten Fahrzeugen!“
Text: Walter Wilke
Fotos: Oldtimerstammtisch Großpösna
Kontakt: Oldtimerstammtisch Großpösna
Präsident: Ralf Guhlemann
www.oldtimer-gp.de
Text: Walter Wilke
Fotos: Oldtimerstammtisch Großpösna
Kontakt: Oldtimerstammtisch Großpösna
Präsident: Ralf Guhlemann
www.oldtimer-gp.de
