Professor Tumminelli

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Die neue Sachlichkeit

Bevor wir auf das Design von Fahrzeugen eingehen, noch eine begriffliche Korrektur. Design ist heute ein üblicher Begriff, wird jedoch inflationär verwendet. In der DDR wurden Dipl.-Formgestalter ausgebildet und so verstanden sie sich auch. Und so wollen wir auch von der Formgestaltung an Fahrzeugen sprechen. Wie war nun die Situation zum Ende der DDR und der anderen sozialistischen Staaten? Trabant 601, Wartburg 353, W50, Robur, klassische Lada und Škoda prägten seit zum Teil seit fast 30 Jahren das Straßenbild. Optisch und technisch war man dieser Autos überdrüssig. Dies prägte nicht nur die Ostdeutschen selbst, sondern auch die Westdeutschen in ihrer Einschätzung. Heute lieben wir unsere Ost-Oldtimer und auch deren gestalterische Form.
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Doch gibt es auch Einschätzungen zwischen diesen Schwarz- und Weißpositionen? Wir denken, ja! Und gerade die große zeitliche Distanz zwischen der Entstehung dieser Autos und unserem heutigen Wissen sollte einen möglichst unvoreingenommenen Blick ermöglichen. Und wer hat diesen Blick auf die Formgestaltung und ein großes Knowhow? Unsere Wahl fiel schnell auf Paolo Tumminelli, Professor für Design Konzepte in Köln und Autor einer ganzen Reihe Bücher zur Geschichte der Fahrzeuggestaltung. Nun, welches Auto wollen wir für die erste Beurteilung nehmen? Auch das war schnell klar, den Wartburg 353. Er war bei der Serieneinführung 1966 eines der ersten Autos der „Neuen Sachlichkeit“ in ganz Europa. Und wie macht sich eine Beurteilung am besten? Als Vergleich. Nun ratterten die Gehirnwindungen … so viele Autos der „Neuen Sachlichkeit“ gab es in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre noch nicht. In den RGW-Staaten keines und in Westeuropa nur den Fiat 124 und den Renault 12. Und welch interessante Fügung: Der Fiat 124 wurde in der Sowjetunion als Shiguli/Lada in Lizenz produziert und der Renault 12 als Dacia in Rumänien. Nun war Prof. Tumminelli anzufragen und zu begeistern. Und es paßte! Mal keine Beurteilung rarer Supersportwagen, sondern Familienautos, die millionenfach produziert wurden. Auch für Paolo Tumminelli eine neue und spannende Aufgabe. Auch die Suche nach einer passenden Fotolocation war einfacher als gedacht. Die Eigentümer der „Universelle Werke“ in Dresden entwickeln den Standort als Sitz für Technologie und Startup-Unternehmen. Aber die Fabrikhalle stand noch leer, hat den Charme der sechziger Jahre und die Eigentümer fanden unsere Idee toll. So durften wir dort einen ganzen Tag das Interview und das Fotoshooting machen. Vielen Dank nochmal an Herrn Gräbner. Lassen Sie sich vom Ergebnis in 79OKTAN Ausgabe 01/2021 überraschen und schreiben Sie uns gerne Ihr Feedback an info@79oktan.de