Leserfahrzeug

Ein Simson SR2 zum Geburtstag

Alle Fotos auf dieser Seite: Detlev Müller

Wer noch Fernsehen schaut ist sicherlich schon einmal auf diese Trödel-Show gestoßen, in der nicht selten sehr alte Erinnerungstücke aus der Familie verhökert werden, „um mal schön Essen gehen zu können“. Da wir in keiner Region leben, die von Hunger geplagt ist, liegt der Verdacht nahe, daß familiäre Andenken und Werte immer weniger gelten. Umso wichtiger erscheint es uns deshalb, andere Beispiele zu zeigen. Als André Krumbiegel über ein Geschenk für seinen Vater zum 60. Geburtstag nachdachte, wollte er etwas Besonderes. Nicht irgendein Firlefanz aus dem Online-Shop, sondern etwas Emotionales und Verbindendes, was diesem Anlaß entsprechen sollte. Da man mit 60 auch schon einmal zurückschauen darf, übernahm André das für seinen Vater und kam in dessen Jugend heraus. Eine Zeit, die für Menschen sehr prägend ist und die über Erzählungen in der Familie als Erinnerung weitergegeben werden. André erinnerte sich am liebsten an Vaters Erzählungen, wie er mit einem Simson SR2 1977 zur Fahrschulprüfung nach St. Michaelis im Erzgebirge gefahren ist. Schwarz versteht sich, den Führerschein wollte man ja erst machen. Und der Heimweg trug die gleiche Farbe, den „Lappen“ holte man sich schließlich erst später auf der Führerscheinstelle ab.
Nach ein paar einfachen Testrunden auf dem Platz kam Prüfer Kühnel zur Einschätzung, daß Vater Krumbiegel und seine Kumpels auf die Straße gehören. Von diesem Zeitpunkt an gehörte ihnen die Welt. Zugegeben, mit einem SR2 waren das meist nur die näheren Dörfer in der Umgebung, aber es fühlte sich genauso an. Dann tauchten in der Gruppe die ersten Stare und Schwalben auf. Der Krumbiegel’sche SR2 hielt mit optimiertem Luftfilter und Auspuff dagegen, was nicht viel brachte, sich aber besser anfühlte und vor allem anhörte. Später wurde der SR2 durch einen Simson Habicht und einen Star ersetzt, bis sich die Moped-Truppe nach den ersten eigenen Kindern usw. langsam verlief. Was bleibt ist die schöne Erinnerung an diese Zeit. Vaters Star hält Sohn André bis heute die Treue, nur der SR 2 war verschollen. Womit wir wieder zum Geburtstagsgeschenk zurückkommen. Welch eine Idee, dem Vater das gleiche Moped zu schenken, mit dem er einst ins motorisierte Leben startete.
Zur Familienfeier, der das Sporthotel Mönchenfrei den perfekten Rahmen stellte, begab sich Vater Krumbiegel noch völlig ahnungslos. Umso größer war dann die Überraschung. Nicht irgendein Moped hatte der Junior beschafft, perfekt erhalten und original sollte es sein. Eben dem Anlaß entsprechend. Da dürfen dann auch mal bei gestandenen Kerlen ein paar Tränen der Freude kullern. Nicht alle Tage feiert man seinen 60. Geburtstag und nicht überall werden Erinnerungen in der Familie als so hohes Gut gehalten. Und das Emotionale läßt sich auch gut mit dem Nützlichen verbinden. Vater Krumbiegel versprach, fortan am Sonnabend immer mit dem Moped die Brötchen für die Familie zu holen. Bei dem traumhaften Fahrzeugzustand sagen wir: Aber bitte nur bei schönem Wetter.

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