Mein Liebling


In den Wald zum Toben, an die Halle zum Grillen und an die Ostsee zum Baden - an jeden Ort fahren wir mit dem Wartburg 353. Mit etwas Schreibhilfe erzählt Hund Lennie von seinem fahrbaren Untersatz. 

Ein halbes Jahr war ich jung, als mein Frauchen mich zum ersten Mal mit zur Halle nahm, in der ein riesiger Mann an einem hellen Auto schraubte. Coconbeige hieß die Farbe des Wagens ganz korrekt, erfuhr ich später, denn meine Ohren funktionieren recht gut, obgleich manchmal auch Gegenteiliges behauptet wird. Sogar mitfahren durfte ich in diesem besonderen Automobil. Das Autofahren selbst kannte ich bereits, konnte ihm allerdings nie groß etwas abgewinnen und streikte auch manchmal beim Einsteigen. Frauchen sagte, dieser Wartburg sei 1987 gebaut. So weit konnte mein kleiner Welpenkopf ehrlicherweise nicht zurückrechnen, aber als sie die Tür öffnete, konnte ich es riechen. Etwas muffig. Dieser Kollege stand seit Ende der 1990er Jahre draußen und niemand hatte Zeit für ihn. Dann wäre ich auch muffig. Das versteht ein Hundeherz. Etwas skeptisch schaute ich die Rückbank an. Die Sitze sahen sehr weich aus, nicht so glatt und hart wie in den anderen Autos, die ich kannte. Vor allem musste ich nicht in den Kofferraum! Ob Frauchen sich dabei vertan hatte? Bevor ihr das einfiel, sprang ich hinein und setzte mich brav hin. Wahnsinn – ein Panoramablick! So viel Platz für mich allein und dennoch saß ich dicht mit dem Kopf an meinem Frauchen und konnte ihr ins Ohr pusten. Nicht einmal der Gurt störte mich. Der Schlüssel wurde umgedreht und der Motor heulte auf. Ich erschrak etwas, um ehrlich zu sein. Für meine empfindsamen Ohren war das zunächst ein ordentlicher Krach. Aber dann ging es los und wir fuhren über weite Felder, durch den Wald und am Deich der ganzen Halbinsel Fischland Darß entlang. Nach einer Weile wusste ich auch, wie ich gleichzeitig aus dem Fenster schauen konnte und in den Kurven nicht umfiel, indem ich jederzeit mein Hinterteil passend in die andere Richtung drehte. Kreativ muss man sein! Gemeinsam unternahmen wir die schönsten Ausflüge, parkten auch mal am Rand und genossen die Natur oder aßen ein Eis. Probieren durfte ich auch. 

Einen Trabant und später auch einen Barkas schleppte der große Mann irgendwann an, den ich seit längerem nun Herrchen nannte. Diese Fahrzeuge waren ebenfalls nicht schlecht, aber nichts holt mein Hundeherz derart ab wie mein 353. Schon von weitem höre ich ihn, steige auf das schmale Fensterbrett, linse durch die Jalousie und ärgere mich dann tierisch, wenn die Tür nicht schnell genug aufgeht. Frauchen hat die Tür noch nicht ganz auf und schon sitze ich drin, wenn ich inzwischen auch ein recht großer Hundekerl geworden bin. Im Sommer wird mir das Fenster heruntergekurbelt und dann flattern Bart, Ohren und Augenbrauen im Fahrwind. Die Menschen freuen sich darüber und lachen oft. Sie freuen sich allesamt mit mir und würden bestimmt gern mitfahren. Im Sommer bekommt mein Frauchen sogar selbst einen Welpen. Das habe ich als stattlicher Wachhund damals natürlich als Erster gemerkt. Sie sagt, ich müsse dann die Rückbank mit dem Kleinen teilen. Ich glaube, das müssen wir nochmal verhandeln.