Die einzige fahrbereite MZ mit Kreiskolbenmotor
MZ setzte in den sechziger Jahren große Hoffnungen in den Wankelmotor und hatte auch gute Gründe dafür. Kreiskolbenmotoren waren von zentraler Bedeutung, andere Entwicklungsaufträge wurden dahinter konsequent zurückgestellt. Dem völlig entgegen steht die fehlende Erinnerung an diese Fahrzeuggeschichte. Umfang und Ziele dieser Arbeiten sind heute nur noch im Ansatz bekannt. Die Gründe dafür liegen auf der Hand. Zuerst unterlag alles einer Geheimhaltungsklausel im Lizenzvertrag. Nach dem Abbruch der Entwicklungsarbeiten stellte sich die horrende investierte Summe als Fehlinvestition heraus. In 79OKTAN Ausgabe 1/2022 lesen sie die ganze Entwicklungsgeschichte des ersten Wankel-Motorrades der Welt aus Zschopau.
Foto links: Detlev Müller
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Konkret sprechen wir über das Aggregat mit der Motornummer 2619. Der
Leichtmetall-Kreiskolbenmotor war nur als Rumpf erhalten geblieben.
Sämtliche Teile wie Ölpumpe, Anlasser, Auspuff, Getriebe und alle Kühler
waren nicht mehr vorhanden. Das erklärt, warum die Hofmanns die
Priorität auch nicht auf den Nachbau des originalen
Vollschwingen-Fahrwerks legten.
Die Ölpumpe konnte in der eigenen Werkzeugbaufirma anhand originaler
Zeichnungen nachgefertigt werden. Ihre Förderleistung wurde später auf
einem Motorenprüfstand eingestellt. Beim Fahrversuch stellte sich
heraus, daß ein anderer Kühler im Fahrgestell einen zu hohen Öldruck
verursachte, was eine blaue Abgasfahne zu Folge hatte. Alte Prüfberichte
von 1961 belegen, daß MZ einst exakt die gleichen Erfahrungen sammelte.
Der Ölkühler war für die Kühlung des Läufers zuständig und saß bereits
bei MZ vor dem Wasserkühler für die Gehäusekühlung. Im Fall der
Hofmann-Wankel handelt es sich aber um handelsübliche Zubehörteile.
Foto links: Ronny Renner
Vergleichsweise einfach gestaltete sich dagegen die Abgasanlage. Der
Krümmer wurde gebogen und im Fahrgestell eingepaßt, der Schalldämpfer
stammt von der MZ ES 250. Wie auch beim originalen Prototyp verwendeten
die Hofmanns ein BK-Getriebe über einen extra angefertigten
Zwischenflansch. Getriebe und Kardan stammen von einem Gelände-Gespann
und sind damit besonders lang übersetzt. Der Kreiskolbenmotor dreht rund
2.000 U/min höher als der originale Zweitaktmotor, deshalb liefen schon
die Versuchsfahrzeuge mit dieser Übersetzung.
Foto rechts: Detlev Müller
Auch beim Anlassen benötigt der Wankel höhere Drehzahlen, weshalb er
nicht angekickt werden kann. Im Versuch baute MZ Anlassermotoren aus
Cezeta-Rollern ein. Ein solcher lag noch bei Thomas Hofmann im Regal.
Während er als Lehrling in der MZ-Versuchsabteilung arbeitete, lagen
solche Motoren im Lager. Als er plante, seine TS 150 auf E-Starter
umzubauen, händigte ihm sein Meister zwei dieser Motoren zur weiteren
Verwendung aus. Ohne zu wissen, wofür diese einmal verwendet werden. Die
TS wurde weiter mit dem Kickstarter in Schwung gebracht und die Motoren
vergessen. Als Jahrzehnte später das Wankelprojekt anstand und die
Zeichnungen auf die Jawa-Starter hinwiesen, erinnerte sich Thomas
Hofmann wieder. Einer der beiden Starter stellte sich bei näherer
Betrachtung als umgepolt heraus. Genau so, wie es für den MZ-Wankel
notwendig war, weil dieser linksherum lief. So kamen an dieser Stelle
zwei Bauteile zusammen, die schon einmal in den sechziger Jahren
füreinander bestimmt waren.
Foto links: Detlev Müller
Bei den Prüfstandsversuchen mit einer Wasserwirbelbremse stellten sich
verschiedene Probleme ein. In erster Linie ging es hier um die
Abdichtung, in jeder Hinsicht. Einerseits war es eine sehr diffizile
Aufgabe, schon das Gehäuse mit dem Wasserkreislauf abzudichten. Es
handelte sich schließlich um einen Versuchsmotor, der diesbezüglich noch
einmal schwieriger zu handhaben ist als Großserienbauteile. Weiterhin
ging es um die Abdichtung des Läufers (Trochoide), die bei Wankelmotoren
immer eine heiße Angelegenheit ist. Die originalen Dichtleisten führten
nicht zum Erfolg, sodaß diese nachgefertigt werden mußten. Nach anderen
Zwischenlösungen konnte damit wieder das originale Leichtmetallgehäuse
verwendet werden, bei dem lediglich die Flächen geglättet wurden.
Foto rechts: Ronny Renner
Der Einbau ins BK-Fahrgestell sollte ebenfalls zur Herausforderung
werden, schließlich war dieses nie dafür vorgesehen. Deshalb versuchten
Vater und Sohn Hofmann hier pragmatisch, nur die notwendigsten Umbauten
vorzunehmen. Das betraf die Motoraufnahmen, die Halterungen für die
Kühler und eine ganze Reihe weiterer Details. Die Form des Öltanks wurde
beispielweise von einer Zeichnung abgenommen und mit extra
angefertigten Werkzeugen aus zwei Teilen neu gepreßt.
Foto links: Detlev Müller
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