Simsons aus zwei Epochen

Beide Fotos entstanden Pfingsten 1964. Bei schönem Ausflugswetter war auf der Schmücke auf dem Rennsteig reger Besucherverkehr. Auf dem ersten Foto erkennen wir am rechten Bildrand einen Ludwigsfelder Roller, im Mittelpunkt steht ein damals schon sehr seltenes Fahrzeug: ein Simson Supra RI, gebaut als Cabriolet, in den Kriegs- oder Nachkriegsjahren in einen kleinen LKW verwandelt. Der zweite Buchstabe N des Kennzeichens verrät uns, dass es im Kreis Gotha des damaligen Bezirks Erfurt (erster Buchstabe L) zugelassen war. Das Fahrzeug ist geschmückt, auf der Ladefläche sehen wir junge Männer und eine Trommel, offensichtlich ist eine Band mit Supra unterwegs.

Vielleicht sind diese beiden Fotos die letzten, die einen Simson Supra im normalen Gebrauch zeigen, damals, als das Wort Oldtimer hierzulande noch ein fast unbekanntes Fremdwort war. Der ADMV der DDR bevorzugte den Begriff Kraftfahrzeugveteranen, jenseits der Grenze wurde häufig von Schnauferln gesprochen. Ein alter Simson Supra war damals noch weit von einem Kultstatus entfernt. Aber er verkörperte eine Erfolgsgeschichte, auf die man stolz war.

Die Zukunft hatte im Frühjahr 1964 bereits begonnen. Links vom alten Simson KR 50 sehen wir den neuen KR 51 mit dem schönen Namen Schwalbe. Die Alten und die Jungen, die die Musiker offensichtlich in ihren Bann gezogen hatten, konnten freilich nicht ahnen, dass die Schwalbe 60 Jahre später längst durch ein informelles Plebiszit zur unangefochtenen Nummer Eins der ostdeutschen Kultzweiräder gekürt sein würde. Dank des aus der Supra-Zeit überlieferten Anspruchs an die Qualität des eigenen Tuns hatten die Entwickler und Arbeiter in Suhl-Heinrichs ein Kleinfahrzeug geschaffen, mit dem man auch heute noch im Alltagsverkehr gut unterwegs ist.

Leider konnten wir nicht in Erfahrung bringen, welche Band damals mit dem Supra den Weg zur Schmücke gefunden hatte. Vielleicht wissen Leserinnen oder Leser mehr? Heute steht das Auto, zurückverwandelt in ein Cabriolet, im Suhler Fahrzeugmuseum.

Eckhard Griebel

Fotos: Sammlung E. Griebel

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