Wer braucht schon eine Concorde?
Nach den Erlebnissen von Susann Brych und Sebastian Korb
„Was
ist der Unterschied zwischen einer Concorde und unserem kleinen Barkas?“ – Eine Frage,
die quasi auf der Hand liegt, oder? Sind es Aerodynamik und Geschwindigkeit?
Ja! Denn unser kleiner Barkas bewegt sich viel schneller durch den Wind als es aktuell
jede Concorde tut. Wenn auch nicht gerade über den Wolken.
Unseren kleinen blau-weißen Schatz vor dem Eifelturm, an diversen Küsten und anderen traumhaften Orten zu sehen, lässt unsere Herzen aufgehen. Denn seit wir uns dazu entschlossen haben, den kleinen Barkas B1000 aus dem Baujahr 1983 wieder herzurichten, wussten wir, dass das Gebastel und Gefummel, das Flicken, das Kleben, das Spachteln, das Spritzen und „der ewige Spaß der Kupplungsscheiben“ nur ein Teil des Erlebens sein werden. Ihm die Welt zu zeigen und uns – quasi als Gegenleistung – von ihm dorthin bringen zu lassen, war immer der Plan, den wir nun seit ein paar Jahren ziemlich konsequent umsetzen.
Wir konnten es in den Knochen spüren, dass unsere Oldtimer-Urlaube mit dem Trabi-Kübel ihr Ende finden würden, als wir nach einem kalten und nassen Sommerurlaub in Norwegen und einem mehr als stürmischen Urlaub in Kroatien erkennen mussten, dass wir für weitere spannende Reisen etwas Wetterfesteres brauchen würden. Schnell war uns klar, dass der kleine Barkas das perfekte Campingauto für uns ist, und so haben wir uns 2016 eine leere Karosse gekauft und unserem neuen Reisegefährten nach und nach wieder Leben und Liebe eingehaucht. Diese Wiederbelebungsversuche wurden dann im Mai 2019 mit unserer ersten Tour von Cottbus nach Rügen belohnt. Nie werden wir vergessen, wie wir stolz, glücklich und – ganz ehrlich – ein bisschen überrascht die ersten 1.000 Kilometer auf dem Kilometeranzeiger erreichten. Doch da ahnten wir da ja schon, dass dies nur ein kleines automobiles Barkas-Vorspiel sein würde.
Nach weiteren Testfahrten ging es so dann auch bereits im Sommer 2019 mit der Fähre nach und dann ohne Fähre und andere Hilfsmittel durch Schweden. Es war ein Traum, selbst wenn der Innenausbau noch viele Wünsche offenließ und eine Luftmatratze zwischen den Radkästen als nächtlicher Luxus ausreichen musste.
Unser neuer vierrädriger Freund musste auf dieser Tour auch erste Federn lassen, da unser Schrauberversuch der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft nicht so recht funktionierte und die Barkas-Kupplung nicht mit dem von uns verbauten Lada-Motor klarkam. Das bezahlte die Kupplungsscheibe mit ihrem Leben, wir mussten sie bei Kilometerstand 4.000 ersetzen.
Als
würde der Hausausbau in Steinkirchen bei Stade direkt hinterm Elbdeich nicht
genügend Zeit und Ressourcen endlos aufsaugen, entschlossen wir uns, auch
gleich noch in die Erholung davon zu investieren und den kleinen Barkas auch noch klug
durchdacht auszubauen. Eine Idee, die besonders dem Innenausbau und folgend
unseren Rücken sehr gut tun sollte.
So
gerüstet ging es im Sommer 2021 mit dem nun immer schmucker werdenden kleinen Barkas,
einem HP 350 Anhänger und unseren Klapprädern in drei Wochen 3.500 Kilometer
vom Elbdeich über Paris nach La Rochelle, einmal quer durch die Normandie und
zurück in die Heimat im schönen, alten Land. Glückwunsch, vierrädriger Freund!
Die Pannen wurden kleiner und hielten sich mit einem defekten Kühlwasserschlauch in Nantes und einer nicht gänzlich dichten Hecktür bei einem größeren Gewitter nebst nun geflutetem Bett in beherrschbaren Grenzen. Spätestens hier wurde klar, wie gut doch der Wechsel vom Trabi-Kübel zum Barkas gewesen ist.
Und so rollt und rollt unser geliebter Reisefreund und Bruder aus Karl-Marx-Stadt mit uns weiter in Regionen, an die wohl keiner seiner Erbauer 1983 gedacht hat.
So
zum Beispiel im Sommer 2022 2.337 km quer durch Deutschland und nach Luxemburg,
2023 nach Barcelona, und in diesem Moment sind wir mit ihm in Portugal. Für die
2.700 Kilometer vom heimischen Deich bis an die Küste Portugals hat unser
blau-weißer Urlaubstraum fünf Tage gebraucht und so den Kilometerstand die
27.000 überschreiten lassen. Der kleine Barkas schnurrte danach zufrieden über Lissabon
südlich die Küste herunter, bevor es über Gibraltar zurück nach Deutschland
geht. Es ist, als würde unser vierrädriges Familienmitglied von Jahr zu Jahr
immer zuverlässiger und neugieriger auf die Welt, für die er eigentlich nicht
gedacht war. Dass wir in diesem Sinne in Portugal dann auch noch einen kurzen
Stopp ausgerechnet im portugiesischen „Porto das BARCAS“ einlegten, war das
Tüpfelchen auf dem reisenden „i“.
Übrigens, der alte Trick gegen rutschende Kupplungsscheiben: „Kipp Cola auf die Kupplung, das verklebt!“ funktionierte gar prächtig, seit einigen tausend Kilometern geben die nun verklebten Störenfriede Ruhe und wir werden für diesen Überlebenstipp aus Urgroßvaters Trickkiste weiter mit den idyllischsten Stellplätzen verwöhnt.
Also wirklich, das alles hätte uns eine Concorde nicht mal zu ihren besten Zeiten bieten können.